Volker Mießeler wählen, damit Bergheim demokratisch bleibt?

Wer die Demokratie bewahren und die AfD ernsthaft stoppen will, der kommt nicht umhin, den etablierten Parteien (CDU, SPD, Grüne, FDP) auf die Füße zu treten.

Am 28. September kommt es in Bergheim zur Stichwahl zwischen den Bürgermeisterkandidaten Volker Mießeler (CDU) und Wolfgang Linke (AfD). Am vergangenen Samstag lag in meinem Briefkasten ein Flyer des Bündnisses “Wir Bergheimer für Demokratie” mit der Botschaft “DAMIT BERGHEIM DEMOKRATISCH BLEIBT: SIE HABEN ES IN DER HAND! Volker Mießeler wählen am 28.9.2025” (Scan unten im Anhang).

Ich erlaube mir da mal ein paar Fragen:

  • Wie demokratisch ist Bergheim derzeit — nach 26 Jahren CDU-Herrschaft im Stadtrat und nach 21 Jahren mit einem von der CDU gestellten Bürgermeister bzw. einer von der CDU gestellten Bürgermeisterin?
  • Ist es demokratisch (oder der demokratischen Kultur dienlich), wenn wie berichtet die Stadtverwaltung Bergheim unter Führung des Bürgermeisters Volker Mießeler einem Bürger das Fragerecht in der Einwohnerfragestunde abspricht?
  • Ist es demokratisch (oder der demokratischen Kultur dienlich), wenn wie berichtet die Stadtverwaltung Bergheim unter Führung des Bürgermeisters Volker Mießeler den Schulausschuss grob falsch informiert?
  • Ist es demokratisch (oder der demokratischen Kultur dienlich), wenn wie berichtet die Stadtverwaltung Bergheim unter Führung des Bürgermeisters Volker Mießeler Fragen zum Sanierungsbedarf der Bergheimer Schulen nicht beantwortet und es die etablierten Parteien (CDU, SPD, FDP, Grüne) nicht interessiert?
  • Ist es demokratisch (oder der demokratischen Kultur dienlich), wenn wie berichtet die Stadtverwaltung Bergheim unter Führung des Bürgermeisters Volker Mießeler Fragen zur Asbestbelastung der Bergheimer Schulen nur scheibchenweise beantwortet?
  • Ist es demokratisch (oder der demokratischen Kultur dienlich), wenn wie berichtet die Stadtverwaltung Bergheim unter Führung des Bürgermeisters Volker Mießeler Fragen zum Rechenzentrum von Microsoft nicht beantwortet?
  • Ist es demokratisch (oder der demokratischen Kultur dienlich), wenn Volker Mießeler auf seinen Wahlkampfflyern als Kontaktadresse das Rathaus der Stadt Bergheim angibt? Siehe “‘Unzulässige Wahlwerbung’: Bergheims Bürgermeister (CDU) muss Wahlflyer einstampfen” auf msn.com. Am 18. September schrieb der Jura-Professor Markus Ogorek (Uni Köln) im Kölner Stadt-Anzeiger (“Fairness-Abkommen mit Schwächen”): “Dass ein Bürgermeister das Rathaus als verlängerte Wahlkampfzentrale nutzt, ist mehr als nur ein Formfehler. Es beschädigt das Vertrauen in die politische Fairness.”
  • Ist es demokratisch (oder der demokratischen Kultur dienlich), wenn die Stadtverwaltung Bergheim unter Führung des Bürgermeisters Volker Mießeler eine Befragung zur Grünen Lunge in Bergheim Mitte offenbar manipuliert? (Siehe “Grünen-Politiker wirft Verwaltung Manipulation vor”, Kölner Stadt-Anzeiger, 22.08.2022, online hier.)
  • Ist es demokratisch (oder der demokratischen Kultur dienlich), wenn wie berichtet die Stadtverwaltung Bergheim unter Führung des Bürgermeisters Volker Mießeler Plätze von städtischen Kitas in einem nicht transparenten Verfahren vergibt?
  • Ist es demokratisch (oder der demokratischen Kultur dienlich), wenn wie berichtet die Stadtverwaltung Bergheim unter Führung des Bürgermeisters Volker Mießeler es in vier Jahren nicht hinkriegt, ein Konzept zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu erstellen?

Solche kritischen Fragen oder Anmerkungen sucht man auf der Homepage des Bündnisses “Wir Bergheimer für Demokratie” vergebens. Stattdessen wird dort zum Beispiel berichtet

Sorry: Wer die Demokratie bewahren und die AfD ernsthaft stoppen will, der kommt nicht umhin, den etablierten Parteien (CDU, SPD, Grüne, FDP) und ihrem (Spitzen-)Personal auf die Füße zu treten und eine andere, bessere Politik einzufordern. Ausstellungen zu eröffnen, ein paar Liedchen zu trällern und Fotos mit dem Bürgermeister zu machen, ist zu wenig.

Schon 2020 schrieb ich in einem Leserbrief (im Anhang unten):

Statt gelebter Bürgernähe und -beteiligung herrscht die Arroganz der Macht — einer Macht, die sich lediglich auf ein gutes Viertel der Bevölkerung berufen kann. Eine normal gewordene Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent darf keinen engagierten Demokraten ruhen lassen. Zu feiern gibt es da nichts. Auch der Einzug der AfD in den Bergheimer Stadtrat ist unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten: Wann machen die etablierten Parteien endlich so gute und ehrliche Politik, dass niemand mehr die AfD aus Protest wählt?

Bei der Wahl des Bergheimer Stadtrats vor einer guten Woche erzielte die AfD 18,45 % (2020: 7,56 %) bei einer Wahlbeteiligung von 51,69 % (Details hier). Wähler mit schlechter wirtschaftlicher Situation wählten bei der Bundestagswahl 2025 zu 39 % die AfD (siehe tagesschau.de). Der Erfolg der AfD spiegelt das Versagen der etablierten Parteien wider, bestimmte Probleme zu lösen und Missstände zu beheben.

Zur Vertiefung lese man zum Beispiel “Es lebe das Ressentiment: Wie Schwarz-Rot die Republik nach rechts verschiebt” und “‘Heute erntet die AfD, was die rot-grüne Koalition mit ihrer ‚Agenda‘-Politik und den Hartz-Gesetzen gesät hat'”.


Anhang

3 Kommentare

  1. Achim Brauer

    Brillant! Danke.

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  2. Kurt Bertulat

    Da liegt wohl ein Irrtum vor. Das Bergheimer Bündnis für Demokratie ist keine Partei. Es geht uns nicht darum, Parteien auf die Füße zu treten, sondern das demokratische Bewusstsein jenseits von inhaltlichen Diskussionen zu stärken. Natürlich sind nicht alle im Bündnis mit der Politik von Herrn Miessler und der CDU einverstanden. Aber darum ging es vor zwei Wochen. Jetzt geht es darum, ob der Vertreter einer demokratischen Partei ins Rathaus einzieht oder einem Abgesandten einer verfassungsfeindlichen Gruppierung der rote Teppich ausgerollt wird. Wie würden wohl dessen Antworten auf die im Beitrag gestellten Fragen ausfallen? Müssten angesichts der besorgniserregenden Zustimmungswerte der AfD die demokratischen Parteien ihr Lagerdenken nicht hinterfragen und an bestimmten Stellen wie z. B. morgen kooperieren? Das heißt sicherlich auch in der kommenden Ratsperiode, dass die demokratischen Parteien die eine oder andere Kröte werden schlucken müssen. In diesem Sinne wünsche ich auch für morgen einen guten Appetit.

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    1. Alexander Roentgen (Beitrag Autor)

      Danke für den Kommentar, den ich allerdings zum Teil nicht verstehe. Welcher Irrtum soll vorliegen? Ich habe nie die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem Bündnis “Wir Bergheimer für Demokratie” um eine Partei handeln würde.

      Wenn es dem Bündnis darum geht, “das demokratische Bewusstsein jenseits von inhaltlichen Diskussionen zu stärken”, wäre es doch kein Widerspruch zu diesem Anliegen, wenn das Handeln der Stadtverwaltung unter Führung des Bürgermeisters Volker Mießeler kritisch hinterfragt würde — im Hinblick darauf, ob es der demokratischen Kultur dienlich ist.

      Wenn die Zustimmungswerte der AfD “besorgniserregend” sind: Muss man sich da nicht fragen, warum so viele Menschen diese Partei wählen? Sind all diese Menschen einfach nur zu blöd für Demokratie? Kann es nicht sein, dass zumindest ein Teil der AfD-Wähler enttäuscht von der Politik der etablierten Parteien ist?

      In dem Interview, auf das ich am Ende meines Beitrags hingewiesen habe, sagt Christoph Butterwegge auf die Frage, wo aus seiner Sicht die Hauptursachen für das Erstarken der Rechten in Deutschland liegen würde:

      An erster Stelle nenne ich die soziale Spaltung. Sie hat maßgeblich zur politischen Spaltung der Gesellschaft beigetragen und verhindert, dass alle Bevölkerungsschichten vom wachsenden Wohlstand profitieren. Da sich die Kluft zwischen Arm und Reich immer mehr vertieft, erhöht sich der Druck auf die Mittelschicht, deren Angehörige sich in wirtschaftlichen Krisen und gesellschaftlichen Umbruch-Situationen erfahrungsgemäß aus Angst, zwischen Oben und Unten zerrieben zu werden, häufig nach rechts wenden. Heute erntet die AfD, was die Kohl-Regierungen und die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder mit ihrer „Agenda“-Politik und den Hartz-Gesetzen gesät haben. Neoliberalismus und Rechtspopulismus sind Brüder im Geiste, wenn es darum geht, den „Wirtschaftsstandort Deutschland“ noch konkurrenzfähiger auf den Weltmärkten zu machen.

      Muss man sich damit nicht auseinandersetzen, wenn man die Demokratie bewahren will? Vom Lesen des Grundgesetzes und von Sonntagsreden zur Demokratie ist noch niemand satt geworden…

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